Evangelische Friedensarbeit im Raum der EKD
Öffentlichkeitsarbeit
AGDF: Globale Folgen des Ukraine-Kriegs erfordern einen baldigen Waffenstillstand
Vieles deutet darauf hin, dass der Krieg in der Ukraine noch viele Monate dauern wird. Angesichts der sich abzeichnenden katastrophalen Folgen nicht nur für die Ukrainerinnen und Ukrainer, sondern auch für die Länder des globalen Südens hält es die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) für wichtig, dass möglichst bald ein Waffenstillstand geschlossen wird mit einem für alle akzeptablen Weg hin zu einem dauerhaften Frieden. „Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen als Folge der völkerrechtswidrigen militärischen Intervention Russlands wirken sich angesichts der globalen wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge auch weltweit aus“, so Jan Gildemeister, der AGDF-Geschäftsführer.
„Der Krieg führt dazu, dass Weizen und andere Agrarprodukte nicht mehr aus der Ukraine als einem der führenden Exporteure von Getreide exportiert werden können. Darüber hinaus haben die Sanktionen gegen Russland weltweit steigende Preise für Erdöl und Erdgas zur Folge“, erläutert Gildemeister. Hinzu kämen negative Auswirkungen für die natürliche Umwelt. „Denn Krieg bedeutet immer eine immense Umweltzerstörung, die besonders eindrücklich an Angriffen auf Öldepots ersichtlich wurden. Auch die Besetzung von Atomkraftwerken stellt eine große Gefahr für die Umwelt dar“, betont der AGDF-Geschäftsführer.
Aktuell würde Gas vermehrt durch Fracking gewonnen, was einen besonders großen Eingriff in die Natur bedeute. Auch seien die Transportwege nun weiter und dies würde zu einem erhöhten Kohlendioxidausstoß führen, meint Gildemeister mit Blick auf die Folgen der Sanktionen gegen Russland. „Es wird insbesondere aufgrund steigender Preise von einem Rückgang des weltweiten Wirtschaftswachstums ausgegangen, vor allem im globalen Süden, aber auch in der EU“, mahnt der AGDF-Geschäftsführer. Hingegen würden die US-Wirtschaft und hier insbesondere die Rüstungsindustrie vom Krieg profitieren. Und in Deutschland könnten die sozialen Folgen über staatliche Hilfen, auch mit Inkaufnahme neuer Schulden aufgefangen werden.
„Dagegen gehen die Vereinten Nationen davon aus, dass sehr viele Menschen im globalen Süden aufgrund der Folgen von Krieg und Sanktionen weiter verarmen oder sogar verhungern werden“, kritisiert Gildemeister. „Diese Folgen sind aufgrund der globalen Ungerechtigkeit verheerend. Der Reichtum des globalen Nordens basiert letztlich auf Strukturen der Ausbeutung des globalen Südens. Auch die Konsequenzen unseres hohen Kohlendioxid-Verbrauchs, der zu einem nicht geringen Teil auf Krieg und das Militär zurückzuführen ist, spürt vor allem der globale Süden“, mahnt der AGDF-Geschäftsführer und befürchtet, dass die laufende Aufrüstung in vielen Staaten diese Entwicklung weiter verschärfen werde.
Für die AGDF verdeutlicht dies nun auch die bedenkliche Rolle, die die Interessenlagen von Wirtschaft und Rüstung spielen würden. „Dies zeigte sich, als Deutschland die Pipeline Nord Stream 2 mit vorantrieb, ebenso wie die Genehmigung eines Auftrags an den Rüstungskonzern Rheinmetall, in Russland ein Gefechtsübungszentrum für 100 Milliarden Euro zu errichten“, so Gildemeister.
Auch hätten umstrittene Militärinterventionen des Westens, wie 2003 beim zweiten Irakkrieg oder beim Einsatz der NATO im ehemaligen Rest-Jugoslawien, in der Welt nicht zu mehr Vertrauen in die westliche Politik geführt. „Beide Kriege waren völkerrechtswidrig und nicht durch ein UN-Mandat gedeckt“, so der AGDF-Geschäftsführer.
Dies sei sicher auch ein Grund dafür, warum Staaten trotz der dortigen Menschenrechtsverletzungen die Zusammenarbeit mit China oder Russland suchen würden, obwohl diese auch Abhängigkeiten zur Folge habe, glaubt die AGDF. „Insofern ist es nicht verwunderlich, dass mehrere Staaten den Angriffskrieg Russlands, obwohl völkerrechtswidrig und durch nichts zu begründen, nicht verurteilt und auch viele sich nicht den Sanktionen angeschlossen haben“, betont Jan Gildemeister. Dazu komme, dass Krisenherde, in die Russland auch involviert sei, wie Syrien, Libyen, Jemen, Georgien oder Republik Moldau, unruhiger geworden seien. „Das Regime in Moskau ist weiterhin in der Lage, in erheblichem Maße weltweit für Unruhe zu sorgen“, so der AGDF-Geschäftsführer. Auch darum sei es wichtig, dass es bald in der Ukraine zu einem Waffenstillstand komme, fügt er hinzu.
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
http://www.evangelische-friedensarbeit.de
Pressemitteilung der AGDF zur Diskussion um die Wiedereinführung der Wehrpflicht
Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) hält eine Wiederbelebung der Wehrpflicht in Deutschland nicht für sinnvoll. Der Friedensverband reagiert damit auf aktuelle Umfragen, in denen sich eine Mehrheit der Befragten aufgrund des Krieges in der Ukraine für eine Wehrpflicht ausgesprochen haben. „Genauso wie bei dem Ruf nach weiteren Milliarden für die Bundeswehr fehlt es hier auch an einer sachlichen Debatte, ob ein solcher Schritt überhaupt vernünftig ist“, betont Jan Gildemeister, der Geschäftsführer der AGDF.
Denn nach Ansicht des Friedensverbandes spricht vieles gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht, die 2011 ausgesetzt wurde. „Die Bundeswehr benötigt, um ihren Auftrag zu erfüllen, nicht viele Soldatinnen und Soldaten, sondern sie braucht besonders qualifizierte Menschen“, macht Jan Gildemeister klar und verweist darauf, dass die Bundeswehr aktuell bis 2025 nach eigenen Angaben 20.000 neue Rekrutinnen und Rekruten für qualifizierte Aufgaben suche, die durch gezielte Werbemaßnahmen gewonnen werden sollen. „Für die große Zahl von Wehrpflichtigen würden der Bundeswehr aber schlicht und einfach schon die Kapazitäten fehlen, um sie alle unterzubringen oder auszubilden“, erläutert der AGDF-Geschäftsführer.
Seiner Auffassung nach hätte die Wehrpflicht schon zuletzt nur noch funktioniert, weil sehr viele junge Menschen den Kriegsdienst verweigert und einen Zivil- oder Ersatzdienst angetreten hätten oder aber gleich ausgemustert worden seien. „Dazu kommt, dass mittlerweile auch die Zivildienstleistenden in den Einrichtungen nicht mehr vermisst werden, da in den Einsatzstellen gerade im sozialen Bereich heute viele Freiwillige arbeiten, die deutlich motivierter sind als es damals viele Zivildienstleistende waren“, betont der AGDF-Geschäftsführer. Dazu komme, dass der Freiwilligendienst generell eine völlig andere Qualität habe als der Zivildienst. Gildemeister: „Er ist als Lernort mit umfassender pädagogischer Begleitung konzipiert, entsprechend werden auch die Einsatzplätze ausgesucht. Zudem wurden in vielen Einrichtungen nach Ende des Zivildienstes mehr qualifizierte Fachkräfte eingestellt.“
Negative Folgen bei einer Wiederbelebung des Wehrdienstes sieht die AGDF aber auch für die Wirtschaft. „Angesichts des Mangels an Arbeitskräften wäre es fatal, wenn junge Menschen ihre Ausbildung oder ihr Studium etliche Monate später antreten würden und letztlich so dem Arbeitsmarkt letztlich entzogen würden“, warnt Jan Gildemeister. Dazu kämen bei einer Wiederbelebung einer allgemeinen Wehrpflicht und der damit verbundenen Reaktivierung des Zivildienstes auch eine immense Bürokratie mit hohen staatlichen Kosten für die Erfassung, Musterung, die Gesundheitsuntersuchungen und vieles mehr, betont die AGDF.
Nach Ansicht des Friedensverbandes führe die Wehrpflicht zu einer Einschränkung individueller Freiheitsrechte, für die es sehr gewichtiger Gründe bedürfe. „Aber die sehe ich hier nicht“, unterstreicht Jan Gildemeister. Zudem stelle sich die Frage, warum nur Männer einer Wehrpflicht unterliegen sollten und nicht alle jungen Menschen, und warum gerade junge Menschen diese Last tragen sollten und nicht die gesamte Gesellschaft, gibt der AGDF-Geschäftsführer zu bedenken.
Für ihn kann es daher nur eine Konsequenz geben: „Genau 65 Jahre, nachdem am 1. April 1957 die ersten 10.000 Wehrdienstleistenden eingezogen wurden, ist es sinnvoll und an der Zeit, die Wehrpflicht endgültig zu begraben“, so Jan Gildemeister. Und er betont nachdrücklich: „Es ist genauso dringlich, dass trotz der schrecklichen Bilder des unsäglichen Krieges in der Ukraine nicht Emotionen, sondern rationale Argumente die politischen Diskussionen zur Außen- und Sicherheitspolitik bestimmen. Und dazu gehört auch die Debatte um eine Wehrpflicht.“