Im Rahmen einer Feierstunde im Antikriegshaus Sievershausen erhielt die Freiburger Organisation AMICA e.V. am Samstag den Friedenspreis Sievershäuser Ermutigung. Die diesjährige Preisvergabe stand ganz unter dem Motto 'Hilfe für traumatisierte Menschen in Kriegsgebieten'.
Der Vorsitzende des Antikriegshauses, Elvin Hülser, erklärte, mit dem diesjährigen Preis solle ins Bewusstsein gerückt werden, dass ohne inneren Frieden auch der äußere Frieden brüchig bleibe. Das Antikriegshaus habe das Thema schon Anfang 2015 angeschoben, noch bevor Deutschland die aktuelle Flüchtlingsdebatte führte, in der das Thema Traumata jedoch viel zu kurz komme. Deshalb sei die Arbeit, die AMICA leiste, so enorm wichtig, denn sie und ihre Partnerorganisationen in den Krisenländern gäben den betroffenen Menschen eine neue Perspektive, Selbstbewusstsein und Stabilität, was zu innerem Frieden führen könne.
Bei den Grußworten aus Kirche und Politik merkte man, dass hier ein wichtiges Thema angeschnitten wurde, denn „auch wenn ein Krieg beendet ist, tobt er im Inneren vieler Menschen weiter“ und hat Auswirkungen in die Gesellschaft und bis in nachfolgende Generationen.
Festredner Lutz-Ulrich Besser vom Zentrum für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen (zptn) griff diesen Faden auf und zeigte anhand der Hirnforschung und praktischen Beispielen, dass Gewalterfahrungen zu neuer Gewalt führen und dieses Schema in vielen kleinen und vielschichtigen Schritten durchbrochen werden muss. Traumatherapie ist hierbei ein notwendiger Teil, denn das durch Gewalt erlittene Leid muss aufgearbeitet werden, damit Strukturen wie Angst oder Abstumpfung, die sich sonst in den Menschen bilden, aufgelöst und friedliche Wege beschritten werden können.
Das Jury-Mitglied Angelika Hirschkorn dankte ausdrücklich für die durchweg interessanten und qualifizierten Bewerbungen und erklärte, dass der Umstand, dass AMICA sich schon früh vor allem für Frauen und Mädchen einsetzte, die am meisten unter den Gewaltstrukturen von Kriegen zu leiden haben, durchaus eine Rolle bei der Entscheidung gespielt habe. Es sei einerseits wichtig Frauen zu schützen, insbesondere vor sexualisierter Gewalt, die in Kriegen immer noch massiv als Strategie eingesetzt werde. Andererseits gelte es Frauen zu stärken, weil sie eine enorm wichtige Rolle in Friedensprozessen einnehmen können. AMICA ist in Deutschland mit dieser Arbeit ziemlich einzigartig, wobei betont wurde, dass auch die anderen Bewerber eine Arbeit leisten, die nicht hoch genug zu loben sei, weil ohne Trauma-Arbeit Frieden letztlich gar nicht erreichbar ist.
In ihrer Dankesrede zeigte Heide Serra von AMICA auf, dass sich sexualisierte Gewalt durch die Geschichte aller Kriege zieht und dies nicht nur einen Angriff auf die Unversehrtheit des Körpers, sondern auch der Seele darstellt, die oft schwerer zu heilen sei. Deshalb sei es ein wichtiger Teil ihrer Arbeit, den betroffenen Frauen eine Perspektive aufzuzeigen, sie zu befähigen, wieder handelnde Personen zu werden und nicht in der Opferrolle zu bleiben. Die UN-Resolution 1325 „Frauen, Frieden, Sicherheit“ betonte schon vor Jahren, wie wichtig die Rolle von Frauen in Friedensprozessen sei und dass diese Rolle gefördert werden müsse. Im Sinne dieser Resolution handele auch AMICA, wenn sie Partnerinnen in den Krisenländern stärke und ermutige, Friedensprozesse anzustoßen und zu unterstützen. Insofern sei der Preis des Antikriegshauses eine wichtige Hilfe und gäbe den Frauen von AMICA Kraft, ihr Engagement aufrechtzuerhalten.
Der mit 5.000 Euro dotierte Friedenspreis Sievershäuser Ermutigung wird alle zwei Jahre gemeinsam vom Antikriegshaus Sievershausen und der Stiftung Frieden ist ein Menschenrecht vergeben.
Am 10. Dezember 2016 um 16.00 Uhr findet im Antikriegshaus in Lehrte-Sievershausen die Feierstunde zu Ehren der Organisation AMICA e.V. statt, die in diesem Jahr den Friedenspreis „Sievershäuser Ermutigung“ erhält. Ausgeschrieben wurde der mit 5.000 Euro dotierte Preis vom Antikriegshaus Sievershausen und der Stiftung Frieden ist ein Menschenrecht zum Thema „Hilfe für traumatisierte Menschen in Krisenregionen“.
Die Ehrung findet traditionell in zeitlicher Nähe zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember statt. Damit will das Antikriegshaus darauf hinweisen, dass Frieden und Menschenrechte untrennbar zusammengehören.
Die Arbeit, die AMICA zur Unterstützung und Stärkung von traumatisierten Frauen und Mädchen in Krisengebieten leistet, dient dem Selbstbewusstsein der Betroffenen, soll aber gleichzeitig Versöhnungsarbeit befördern. Frauen fliehen genau wie Männer vor Krieg und Verfolgung. Aber sie sind zusätzlich Opfer von Menschenrechtsverletzungen, die fast ausschließlich Frauen betreffen. Ihnen eine Perspektive zu geben, Trauma-Folgen zu lindern und sie zu befähigen, für Frieden und Versöhnung zu arbeiten, ist eine immens wichtige Arbeit für eine friedliche Gesellschaft und braucht viel mehr Unterstützung als bisher gegeben.
Die Laudatio im Rahmen der Feierstunde wird Lutz-Ulrich Besser vom Zentrum für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen (zptn) halten, ein ausgewiesener Experte in Fragen der Traumaarbeit und selbst in Krisenregionen in Fortbildung und Beratung aktiv.