In einer gut besuchten Veranstaltung erinnerte as Antikriegshaus Sievershausen an die nationalsozialistische Bücherverbrennung vor 80 Jahren. Das Literarische Quintett unter der Leitung von Klaus-Peter Großmann las aus Werken von Mascha Kaléko begab sich zu den Stationen ihrer Biografie. Zwar gehörten die Bücher von Mascha Kaléko, damals in einem Atemzug mit Erich Kästner und anderen Vetreternn der 'Neuen Sachlichkeit' genannt, nicht zu denen, die am 10. Mai 1933 von den völkischen Menschenhassern auf den Scheiterhaufen geworfen wurden. Als Jüdin musste sie gleichwohl erleben, dass ihre Werke auf den Index kamen und sie ins US-amerikanische Exil gezwungen wurde. Als Autorin und Poetin traf sie die daraus resultierende sprachliche Entwurzelung mit großer Wucht. Mehr zur Lesung des Literarischen Quintetts in unseren Pressestimmenl "Unverblümte Sprache  mit sehnsüchtiger Melancholie"

 

Unter der Leitung von Klaus-Peter Großmann, viele Jahre lang Vorsitzender der Dokumentationsstätte zu Kriegsgeschehen und über Friedensarbeit Sievershausen, kommt einmal mehr das Literarische Quintett aus Uetze in das Antikriegshaus. Dazu gehören dieses Mal Christine Eichenberg, Annalena Pätzold, Thomas Stolze und Leon Fauth. Den musikalischen Akzent setzt Harald Katzsch-Duprée (Gitarre und Gesang).

Anlass der Lesung ist der 80. Jahrestag der nationalsozialistischen Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. Zu den 'verbrannten Dichtern' zählte auch die junge Dichterin Mascha Kaléko. In Galizien unter dem Namen Golda Mascha Aufen als nichteheliche Tochter eines jüdischen Russen und einer jüdischen Österreicherin geboren, durchlebte Mascha Kaléko im Scheunenviertel der Spandauer Vorstadt in Berlin ihre Jugendzeit und fand sich schließlich in der Avantgarde-Szene des Romanischen Cafés wieder. Ihre Gedichte spiegeln die Berliner Atmosphäre am Ende der 1920er Jahre und zur Zeit der Machtübergabe an den Faschismus wider. Ihre erste eigene Veröffentlichung „Das lyrische Stenogrammheft“ vom Januar 1933 fiel wenig später am 10. Mai der nationalsozialistischen Bücherverbrennung zum Opfer. Allerdings legte der Rowohlt-Verlag im Jahr 1935 das Buch neu auf. Eine weitere Auflage erschien nach dem Krieg im Jahr 1956.
Mascha Kaléko gilt als die einzige relevante weibliche Vertreterin der Neuen Sachlichkeit, was ihr u.a. einen Ruf als „weiblicher Erich Kästner“ eintrug. Ihre Werke schildern in heiter-melancholischem Ton die Lebenswelten der ‚kleinen Leute‘. Mascha Kaléko floh 1938 vor der Verfolgung durch die Nazis in die USA und lebte später in Jerusalem. Ihre geplante Rückkehr nach Berlin 1975 fand nicht mehr statt, sie starb im gleichen Jahr an einer Krebserkrankung.

 

Lichter auf den Schienen am Samstag

Am 20. und 21. April findet in Bergen Belsen das Gedenken an den 68. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers statt. Am Samstag, 20. April, lädt abends um 18.00 Uhr die Arbeitsgemeinschaft Bergen Belsen zum Gedenken mit "Lichtern auf den Schienen" an der ehemaligen Rampe für die Häftlingstransporte nahe der Stadt Bergen ein.

Das weitere Programm am Sonntag, 21. April

 

10.30 Uhr: Kranzniederlegung auf dem Kriegsgräberfriedhof Hörsten mit einer Lesung durch Susanne Maierhöfer, Braunschweig.

11.00 Uhr: Gedenkfeier am Obelisken mit einer Ansprache von Prof. Dr. Jutta Limbach, dem Verlesen der Namen der im vergangenen Jahr verstorbenen Überlebenden und Verlesen des Vermächtnisses der Überlebenden von Bergen-Belsen durch SchülerInnen der BBS Celle.

Danach Gedenken am Hochkreuz und am jüdischen Mahnmal mit Ansprachen und Kaddisch

13.00 Uhr: Veranstaltung des VVN auf dem Kriegsgräberfriedhof  Hörsten

15.00 Uhr: Veranstaltung der AG Bergen-Belsen an der Rampe mit einer Ansprache des ungarischen Überlebenden Dr. György Denes.

 

 

Ulrike Poppe über Alltag und Opposition im autoritären Staat

Mit Ulrike Poppe war jetzt eine der bekanntesten Oppositionellen gegen die realsozialistische DDR-Diktatur im Antikriegshaus zu Gast. Ihr Vortrag zum Thema „Alltag und politische Opposition im autoritären Staat“ war auch eine authentische Schilderung ihres eigenen Lebensweges von der aufgeweckten Lehrerstochter, die den Sozialismus hinterfragt, bis hin zur profilierten Oppositionellen, die als ‚Landesverräterin‘ zusammen mit Bärbel Bohley im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen eingesperrt wird. Erst aufgrund massiver internationaler Proteste kommt sie nach 6 Wochen frei. 1989 gestaltet sie als Mitglied von ‚Demokratie jetzt‘ und Teilnehmende am Runden Tisch den Umbruch mit, der schließlich in der deutschen Vereinigung endet.

Dazwischen liegen für die im geschichtsträchtigen Jahr 1953 Geborene viele Facetten persönlicher und politischer Entwicklung, die sie immer stärker mit der Glaubwürdigkeitslücke konfrontiert, welche unübersehbar zwischen staatlichem Anspruch und gesellschaftlicher Wirklichkeit klafft und die maßgeblich zum Untergang des Systems beigetragen hat.

Schon früh wird klar, dass eine freie Diskussion über politische Positionen in diesem Staat nicht möglich sein wird. So endet der Versuch der fünfzehnjährigen Ulrike und zweier Klassenkameraden, die Möglichkeiten alternativer sozialistischer Gesellschaftsmodelle zu untersuchen, in monatelangen schulischen Querelen und dem Schulverweis für einen beteiligten Mitschüler, dessen Vater nicht der SED angehört und der deswegen ohnehin einer ungünstigen Prognose unterliegt.

Ulrike Poppe macht aber auch deutlich, dass es für viele Menschen abseits jeglichen Karrieredenkens zunächst durchaus gute Gründe gab, SED-Mitglied zu sein. Am wichtigsten dabei sicher die Suche nach einem Staatsmodell alternativ zu den Entwürfen, die die Welt in der ersten Hälfte des Jahrhunderts in verheerende Kriege geführt hatten und aktuell globale Ungerechtigkeiten fortschrieben. Immer mehr änderte sich jedoch diese Einstellung, wurde die Fortführung der Parteimitgliedschaft eine Folge von gesellschaftlicher Resignation und Angst vor staatlicher Repression. Begleitet wurde diese Entwicklung von einer Flucht in ‚innere Emigration‘ und in eine oppositionelle Geisteshaltung, deren Ausdruck den meisten Fällen auf die eigenen vier Wände begrenzt war. Wer nicht bereit war, sich diesem Zwang zu unterwerfen, zahlte wie Ulrike Poppe in Form von gesellschaftlicher und beruflicher Benachteiligung. Der Zugang zu den allermeisten Studiengängen wurde verwehrt, das Studium der Theologie eröffnete für viele die einzige Möglichkeit auf eine akademische Bildung. „Wir hatten einige ungläubige Geistliche in der DDR“, so Frau Poppe in ihrem Vortrag. Auch das eine der absurden Auswirkungen der SED-Diktatur.

 

 

Vortrag über Alltag und politische Opposition im autoritären Staat

Mit Ulrike Poppe kommt am 19. April um 19.00 Uhr eine der profiliertesten Oppositionellen der damaligen DDR nach Sievershausen. In den achtziger Jahren war Poppe in diversen Gruppen tätig, u.a. in „Frauen für den Frieden“ und in der Initiative „Frieden und Menschenrechte“. Als Dissidentin wurde sie mit sogenannten „Zersetzungsmaßnahmen“ belegt und 1983 vom Ministerium für Staatssicherheit wegen Landesverrats verhaftet, kam jedoch aufgrund von Protesten im In- und Ausland nach 6 Wochen wieder frei. Im September 1989 wurde Ulrike Poppe Gründungsmitglied und Sprecherin der Bürgerbewegung „Demokratie Jetzt“. Nach den ersten freien Wahlen zur Volkskammer arbeitete Poppe in der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im DDR-Parlament. Seit 2009 ist Ulrike Poppe als Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur tätig.

 

Frieden lernen
und erleben

 

 Der Friedensort
Antikriegshaus Sievershausen 
ist ein anerkannter Friedensort
der 
Evangelisch-lutherischen
Landeskirche Hannovers