Abschied von Ludwig Baumann

Der langjährige Vorsitzende der „Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz“, Ludwig Baumann, ist tot. Der gebürtige Hamburger sei am Donnerstagmorgen im Alter von 96 Jahren gestorben, teilte ein Sprecher des Verbandes in Bremen mit, den Baumann zusammen mit
40 überlebenden Wehrmachtsdeserteuren 1990 gegründet hat, um eine Aufhebung der Unrechtsurteile gegen Deserteure und „Wehrkraft­zersetzer“ durchzusetzen sowie deren vollständige Rehabilitation zu erreichen. Baumann sei Herz, Motor und Stimme der Opfervereinigung gewesen. Sein unermüdliches Engagement habe zur gesellschaftlichen Anerkennung und 2002 zur gesetzlichen Rehabilitierung der Kriegsdienstverweigerer, Wehrkraftzersetzer und Deserteure der Wehrmacht geführt, heißt es in einem Nachruf.

Vor allem Baumann war es, der über Jahrzehnte trotz massivster Anfeindungen für die Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren und sogenannten Kriegsverrätern gekämpft hatte. Bereits 1994 bekam er den Sievershäuser Friedenspreis „Ermutigung“ für sein Engagement verliehen. 1995 folgte der Aachener Friedenspreis, 2007 der Kultur- und Friedenspreis der Bremer Villa Ichon.

Rund 30.000 Deserteure, Verweigerer und „Kriegsverräter“ wurden von der NS-Militärjustiz zum Tode verurteilt, etwa 20.000 hingerichtet. „Der Soldat kann sterben, der Deserteur muss sterben“, lautete Hitlers Weisung. Nach dem Krieg galten noch lange die Unrechtsurteile der NS-Militärjustiz. Der Bundestag hob sie erst 1998 auf. Vier Jahre später beschloss das Parlament dann die pauschale Rehabilitierung von Deserteuren. 2009 tilgten die Abgeordneten alle Urteile der NS-Militärjustiz gegen sogenannte Kriegsverräter. Als Verrat galten nach Auffassung der Nationalsozialisten bereits Kontakte von Soldaten zu Kriegsgefangenen, Hilfen für Juden oder kritische Äußerungen über den Krieg.

Baumann war der letzte Überlebende jener Initiatoren, die 1990 die Bundes­vereinigung Opfer der NS-Militärjustiz gegründet haben. Lebt gewaltfrei, lasst euch nicht für Kriege missbrauchen – das sind die Kernaussagen eines autobiografischen Buches über Baumann (Ludwig Baumann: Niemals gegen das Gewissen, Herder-Verlag 2014), das sich wie ein Vermächtnis liest. „Wir in diesem reichen Land mit unserer Geschichte sind aufgerufen zu gewaltfreiem Handeln, uns für Gerechtigkeit, für das Leben und für den Frieden einzusetzen“, sagt er darin.

Der aktuelle Newsletter des Antikriegshauses ist online

In diesem Newsletter, dem letzten vor den Sommerferien, beschäftigen wir uns mit Friedensgesprächen und Begegnungsorten, sei es in Nes Ammin oder in Sri Lanka, bei den Vereinten Nationen oder in der Landeskirche Hannovers. Überall tut es not, Begegnungsorte des Friedens, der Toleranz und der gleichberechtigten Gespräche zu schaffen, um endlich unsere gegenseitigen Vorurteile zu überwinden und die Grundlage dafür zu legen, was einmal Frieden sein kann.

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Nes Ammim macht Hoffnung

Rainer Stuhlmann und sein Vortrag „Wir weigern uns, Feinde zu sein“ im Antikriegshaus

Der Pastor im Ruhestand und ehemalige Studienleiter des christlichen nordisraelischen Projektdorfes Nes Ammim war zu Gast im Nagelkreuzzentrum Sievershausen, um anlässlich des 40. Jahrestages des Attentates auf Freiwillige von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in Nablus am 26. April 1978 über die Arbeit in Nes Ammim zu berichten. Konzipiert als Lernort für Christen im jüdischen Staat hat sich Nes Ammim zu einem Begegnungsort für jüdische und palästinensische Israelis entwickelt, an dem Versöhnungsbereitschaft und Verständigung eine Alternative zu Feindschaft und Ausgrenzung bieten. Während jüdische Familien ihre Kinder niemals in eine palästinensische Einrichtung schicken würden, arabische Familien ihre Kinder entsprechend keinem jüdischen Ort anvertrauen würden, bietet Nes Ammim einen gut beleumundeten ‚neutralen‘ Ort, an dem nicht nur junge Menschen Zeit miteinander verbringen und sich austauschen können.

Aber Rainer Stuhlmann, beließ es nicht bei der Schilderung der Aktivitäten in Nes Ammim, sondern lieferte einen neunzigminütigen Überblick über die alltäglichen politisch bedingten Probleme im Heiligen Land wie auch über die Hoffnung erweckenden Initiativen für den Frieden, seinen es die einmal mehr für den Friedensnobelpreis vorgeschlagenen ;Combattants for peace, ehemalige palästinensische und israelische Kämpfer, die den Weg beider Seiten zueinander an die Stelle der bewaffneten Konfrontation setzen und sich dabei den Anfeindungen der rechtradikalen jüdischen Parteien ausgesetzt sehen.  oder ‘, Die beeindruckendste Initiative dieser Art im heutigen Israel, die ‚Eltern für den Frieden, wo sich verwaiste Eltern und Familienangehörige beider Seiten zusammengetan haben, nehmen den Verlust ihrer Töchter und Söhne als Anlass für eine in die Zukunft gerichtete Abkehr von der gewalttätigen Auseinandersetzung.

Berührend auch die Haltung der Familie Nasser, alteingesessen auf einem Ölberg nahe Jerusalem, der mittlerweile von jüdischen Siedlungen eingekesselt ist. An dieser Stelle ist die Familie von den Behörden als ‚feindlich‘ eingestuft und darf keinerlei Bauten auf seinem Hof errichten. Gleichwohl erkennt Israel als Rechtsstaat seinen Besitztitel für das Land an, und die Familie lebt in Höhlen und errichtet das bekannt gewordene ‚Zelt der Nationen‘ auf ihrem Hügel, und sagt stolz: „Wir weigern uns, Feinde zu sein!“

Beeindruckt von den Ausführungen Rainer Stuhlmanns lud der Vorstand des Antikriegshauses spontan zu einer kleinen Spendensammlung unter den etwa 30 Zuhörenden ein und wird die Versöhnungsarbeit in Nes Ammim weiter aufmerksam verfolgen.

Wer mehr erfahren möchte, dem sei das Buch von Rainer Stuhlmann "Zwischen den Stühlen" (Neukirchener Kalenderverlag 2015, ISBN 978-3-7615-6179-9) unbedingt empfohlen.

Fortbildung für Interessierte an der Friedensarbeit in der Landeskirche Hannovers 

In der 2. Jahreshälfte 2018 (und im Januar 2019) werden an vier Orten Fortbildungen für die Friedensarbeit durchgeführt. Das Programm kann unter

„Frieden verORTEn" heruntergeladen werden.

Der Titel ist Programm. Es geht um sehr konkrete Friedensarbeit; die eigene Befähigung, Bildung und das Kennenlernen verschiedener Friedensorte und Ansätze in der Friedensarbeit.

Auf Grund weiterer Förderungen können wir die Fortbildung nach individueller Absprache nun fast kostenlos anbieten.

 

Frieden lernen
und erleben

 

 Der Friedensort
Antikriegshaus Sievershausen 
ist ein anerkannter Friedensort
der 
Evangelisch-lutherischen
Landeskirche Hannovers