1994 -1997: Ein Kurzer Blick auf den langen Weg zum Deserteurdenkmal

Mitte der 90er Jahre nahmen die Bemühungen um Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure neuen Schwung auf, auch befeuert durch die Anstrengungen, den Deserteuren des Jugoslawienkrieges Schutz zukommen zu lassen. Ab 1993 setzte auch das Antikriegshaus diese Thema ganz oben auf seine Agenda und schrieb seinen Friedenspreis Sievershäuser Ermutigung 1994 für Menschen und Organisationen, die den radikalen Kriegsdienstverweigerern vergangener und gegenwärtiger Krieg zu ihrem Recht verhelfen wollten. Ganz oben auf der Liste der Ermutigten Ludwig Baumann, der Vorsitzende der Vereinigung der Wehrmachtsdeserteure. Auch dabei: der Verein Connection e.V., Franz Nadler, der Referent unserer Veranstaltung am 23. Oktober, war damals schon Aktiver der Gruppe. Ein Schwerpunkt der Arbeit jener Zeit war die aktive Weigerung, an den Kriegen des ehemaligen Jugoslawien teilzunehmen. In der Berichterstattung nach dieser Ermutigung, gerne auch in Form von Leserbriefen, wurde deutlich, wie heikel das Thema Desertion in der gesellschaftlichen Wahrnehmung war.
Zeitgleich liefen in verschiedenen Orten Versuche, deutliche Mahnzeichen für das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung zu setzen. Diese Versuche waren umso erfolgreicher, umso weniger mobil dieses Mahnzeichen gestaltet wurde. Also lautete der Beschluss, als es um die Projektierung eines Deserteurdenkmals am Antikriegshaus ging, das es recht stabil sein muss. In die Karten spielte uns ein Tornado, der Ende Juni 1997 unter anderem den Kirchhof umpflügte und den Raum freilegte, auf dem das internationale Workcamp im Sommer das Deserteurdenkmal errichten konnte. Der Baumaßnahme war eine langen Diskussion zwischen den Vorständen von Dokumentationsstätte und Kirchengemeinde vorausgegangen. Die von Klaus Rauterberg angestrebte bauliche Deutlichkeit des projektierten Mahnzeichens stieß nur bedingt auf positive Resonanz. Bei der Einweihung am Antikriegstag 1997 machte Klaus Rauterberg deutlich, dass „wir keinen Schönheitspreis anstreben“. Tatsächlich ist die raue betonbetonte Erscheinung die Brutalität des Themas angemessen.
Ein Mitglied der Kirchengemeinde ließ am Tag der Einweihung telefonisch verlauten, es mache seinen Verbleib in der Gemeinde davon abhängig, ob dieses „Schandmal“ auf Gemeindegrund stehe oder nicht. (Das Deserteurdenkmal steht auf der Grenze zwischen dem alten Friedhof und dem laut Nutzungsvertrag vom Antikriegshaus bewirtschafteten Gelände)
Der Bau war für die Beteiligten ein hartes Stück Arbeit. Die Mauer besteht nicht aus per LKW angeliefertem und mit dickem Schlauch verfüllter Betonmasse, sondern wurde per Mischer angerührt und mit Bottichen von oben in die Schalung gegossen. Verantwortlich dafür waren zwei kräftige junge Männer, Alexander Mielke aus Brasilien (links oben) und Carles Lloveras aus Barcelona (rechts Mitte).
Große Überraschung und Freude, als ausgerechnet dieser, zufällig auch noch während des Workcamps in diesem Sommer, unvermittelt im Rahmen einer Deutschlandreise vor dem Antikriegshaus auftauchte. Eine schöne Gelegenheit, Erinnerungen aufzufrischen und sich noch einmal für den damaligen Einsatz zu bedanken.

     

 

 

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