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Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) hält eine Wiederbelebung der Wehrpflicht in Deutschland nicht für sinnvoll. Der Friedensverband reagiert damit auf aktuelle Umfragen, in denen sich eine Mehrheit der Befragten aufgrund des Krieges in der Ukraine für eine Wehrpflicht ausgesprochen haben. „Genauso wie bei dem Ruf nach weiteren Milliarden für die Bundeswehr fehlt es hier auch an einer sachlichen Debatte, ob ein solcher Schritt überhaupt vernünftig ist“, betont Jan Gildemeister, der Geschäftsführer der AGDF.
Denn nach Ansicht des Friedensverbandes spricht vieles gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht, die 2011 ausgesetzt wurde. „Die Bundeswehr benötigt, um ihren Auftrag zu erfüllen, nicht viele Soldatinnen und Soldaten, sondern sie braucht besonders qualifizierte Menschen“, macht Jan Gildemeister klar und verweist darauf, dass die Bundeswehr aktuell bis 2025 nach eigenen Angaben 20.000 neue Rekrutinnen und Rekruten für qualifizierte Aufgaben suche, die durch gezielte Werbemaßnahmen gewonnen werden sollen. „Für die große Zahl von Wehrpflichtigen würden der Bundeswehr aber schlicht und einfach schon die Kapazitäten fehlen, um sie alle unterzubringen oder auszubilden“, erläutert der AGDF-Geschäftsführer.
Seiner Auffassung nach hätte die Wehrpflicht schon zuletzt nur noch funktioniert, weil sehr viele junge Menschen den Kriegsdienst verweigert und einen Zivil- oder Ersatzdienst angetreten hätten oder aber gleich ausgemustert worden seien. „Dazu kommt, dass mittlerweile auch die Zivildienstleistenden in den Einrichtungen nicht mehr vermisst werden, da in den Einsatzstellen gerade im sozialen Bereich heute viele Freiwillige arbeiten, die deutlich motivierter sind als es damals viele Zivildienstleistende waren“, betont der AGDF-Geschäftsführer. Dazu komme, dass der Freiwilligendienst generell eine völlig andere Qualität habe als der Zivildienst. Gildemeister: „Er ist als Lernort mit umfassender pädagogischer Begleitung konzipiert, entsprechend werden auch die Einsatzplätze ausgesucht. Zudem wurden in vielen Einrichtungen nach Ende des Zivildienstes mehr qualifizierte Fachkräfte eingestellt.“
Negative Folgen bei einer Wiederbelebung des Wehrdienstes sieht die AGDF aber auch für die Wirtschaft. „Angesichts des Mangels an Arbeitskräften wäre es fatal, wenn junge Menschen ihre Ausbildung oder ihr Studium etliche Monate später antreten würden und letztlich so dem Arbeitsmarkt letztlich entzogen würden“, warnt Jan Gildemeister. Dazu kämen bei einer Wiederbelebung einer allgemeinen Wehrpflicht und der damit verbundenen Reaktivierung des Zivildienstes auch eine immense Bürokratie mit hohen staatlichen Kosten für die Erfassung, Musterung, die Gesundheitsuntersuchungen und vieles mehr, betont die AGDF.
Nach Ansicht des Friedensverbandes führe die Wehrpflicht zu einer Einschränkung individueller Freiheitsrechte, für die es sehr gewichtiger Gründe bedürfe. „Aber die sehe ich hier nicht“, unterstreicht Jan Gildemeister. Zudem stelle sich die Frage, warum nur Männer einer Wehrpflicht unterliegen sollten und nicht alle jungen Menschen, und warum gerade junge Menschen diese Last tragen sollten und nicht die gesamte Gesellschaft, gibt der AGDF-Geschäftsführer zu bedenken.
Für ihn kann es daher nur eine Konsequenz geben: „Genau 65 Jahre, nachdem am 1. April 1957 die ersten 10.000 Wehrdienstleistenden eingezogen wurden, ist es sinnvoll und an der Zeit, die Wehrpflicht endgültig zu begraben“, so Jan Gildemeister. Und er betont nachdrücklich: „Es ist genauso dringlich, dass trotz der schrecklichen Bilder des unsäglichen Krieges in der Ukraine nicht Emotionen, sondern rationale Argumente die politischen Diskussionen zur Außen- und Sicherheitspolitik bestimmen. Und dazu gehört auch die Debatte um eine Wehrpflicht.“
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AGDF: Licht und Schatten im Programm der Ampel-Koalition PDF lesen
Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) sieht im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP aus friedenspolitischer Sicht Licht und Schatten. In Bezug auf den gesellschaftlichen Frieden im Land, aber auch bei der internationalen Jugendarbeit sieht der Friedensverband gute Ansätze für die kommenden vier Jahre, auf deutliche Kritik stoßen dagegen die Aussagen zur Außen- und Sicherheitspolitik.
„Die neue Koalitionsregierung möchte in Deutschland den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Demokratie fördern und sich nach außen für Frieden, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Nachhaltigkeit einsetzen. Aus friedenspolitischer Sicht kann dies nach den Ausführungen im Koalitionsvertrag innenpolitisch gelingen, der außenpolitische Teil ist hingegen insgesamt enttäuschend", meint AGDF-Geschäftsführer Jan Gildemeister zum Koalitionsvertrag der künftigen Ampel-Regierung.
Und Gildemeister weiter: „Gesellschaftliche Konflikte, auch durch die Nennung von Zielkonflikten hinsichtlich der notwendigen ökologischen Transformation, Instrumente zu ihrer konstruktiven Bearbeitung und die Rolle der Zivilgesellschaft spielen in den innenpolitischen Teilen des Koalitionsvertrages eine erfreuliche Rolle. Es ist schade, dass Konfliktbearbeitung nicht auch so explizit benannt wird. In der Außenpolitik fehlt hingegen diese Perspektive weitgehend."
Ausdrücklich begrüßt wird von der AGDF, dass bis 2023 ein Demokratiefördergesetz in den Deutschen Bundestag eingebracht werden soll, ebenso auch, dass das Bundesprogramm „Demokratie leben!" weiterentwickelt und dauerhaft finanziell gesichert werden soll. Allerdings würde sich der Friedensverband auch wünschen, dass neben der Bekämpfung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auch die positive Gestaltung des friedlichen Zusammenlebens durch kommunale Konfliktberatung stärker in den Blick genommen werde, so Gildemeister.
Unterstützt wird von der AGDF, dass die neue Koalition einer vielfältigen, toleranten und demokratischen Zivilgesellschaft eine große Bedeutung beimisst. Auch die Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts wird vom Friedensverband begrüßt. „Unklare Regelungen im Gemeinnützigkeitsrecht bremsen bisher Organisationen aus, sich aktiv an dem politischen Diskurs zu beteiligen", erläutert der AGDF-Geschäftsführer.
Erfreulich sei zudem, dass die neue Regierung die europäische und internationale Jugendarbeit und den Internationalen Freiwilligendienst stärken will, betont der Friedensverband. „Es ist zu wünschen, dass der internationale Austausch bei den anderen jugendpolitischen Maßnahmen wie der geplanten Weiterentwicklung der Jugendstrategie der Bundesregierung oder dem nachfragegerechten Ausbau der Plätze in den Freiwilligendiensten berücksichtigt wird", macht Jan Gildemeister deutlich.
Auf deutliche Kritik stoßen bei der AGDF allerdings die Aussagen zur Außen- und Sicherheitspolitik. „Wir vermissen eine generelle Umorientierung: weg vom Ansatz der Bedrohungs- und Flüchtlingsabwehr und der militärischen Sicherung unseres Wohlstands, hin zu dem zivilen Ansatz menschlicher Sicherheit. Während Krisenprävention, zivile Konflikttransformation und Friedensförderung kaum eine Rolle spielen, nehmen die Ausführungen zur Bundeswehr viel Platz ein und sind teilweise sehr konkret", kritisiert der AGDF-Geschäftsführer.
Zu den Kritikpunkten gehören die Festlegungen im Koalitionsvertrag zu einer weiteren atomaren Abschreckung verbunden mit einer weiteren Aufrüstung. „Die geplanten vielfältigen Initiativen für eine abrüstungspolitische Offensive stehen dabei im Kontrast zur geplanten Aufrüstung der Bundeswehr und dem Bekenntnis zur atomaren Abschreckung", bedauert Jan Gildemeister. Immerhin sei die Absicht der künftigen Bundesregierung, dass Deutschland einen Beobachterstatus beim Atomwaffenverbotsvertrag einnehmen will, „erfreulich", so der AGDF-Geschäftsführer. Begrüßt wird vom Friedensverband auch das geplante Rüstungsexportkontrollgesetz.
Allerdings gebe es ein fundamentales Ungleichgewicht bei den außenpolitischen Instrumentarien. Der Krisenprävention würden nur wenige Sätze gewidmet: Aufgrund eines umfassenden Sicherheitsbegriffs sollen Krisenprävention und -management auf EU-Ebene gestärkt werden. Auf Basis der bestehenden Leitlinien soll Deutschlands Rolle bei der Entschärfung internationaler Krisen ausgebaut werden. Gildemeister: „Wie dies konkret geschehen soll, bleibt unklar, selbst das etablierte und anerkannte Instrument Ziviler Friedensdienst wird nicht erwähnt."
Im Gegensatz dazu stünden die Aussagen, wie die Bundeswehr leistungsfähiger gemacht werden solle, so durch die Anschaffung bewaffneter Drohnen. „Trotz immenser Bedenken auch bei SPD und Grünen", bedauert der AGDF-Geschäftsführer. Immerhin sei es ein Erfolg auch der Friedensbewegung, dass künftig keine Minderjährigen mehr in der Bundeswehr ausgebildet werden sollten. Dennoch bleibe festzustellen: „Die klare Bevorzugung des militärischen Engagements wird festgeschrieben", kritisiert Gildemeister. Und er ist sich sicher: „Die Koalitionsvereinbarung steckt den Rahmen für die Regierungsarbeit in den nächsten vier Jahren. Wichtig ist deren Ausgestaltung. Und in der Außen- und Sicherheitspolitik wird es dabei vor allem auf die designierte grüne Außenministerin ankommen."