Dagmar Pruin: Von Leidenschaft und Nüchternheit geprägt lässt sich die Zukunft der Friedensarbeit gestalten

Auch in Zeiten der Bedrängnis Offenheit und Freundschaft einüben, klar machen, wann Kompromisse nötig sind und wann keine gemacht werden können und ernsthafte Diskurse ermöglichen, das ist nach Ansicht von Dr. Dagmar Pruin von grundlegender Bedeutung für eine offene Gesellschaft. Dies betonte die Präsidentin von Brot für die Welt bei einer Feier in Hamburg für Jan Gildemeister, der seit 25 Jahren Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) ist. „Und angesichts der Zunahme von Konflikten und Kriegen ist die Freundschaft als Gegengewicht mit Nüchternheit und Leidenschaft umso wichtiger“, so Dagmar Pruin.

Hamburg sei eine Stadt der Denker, dazu gehöre auch Gotthold Ephraim Lessing, der heute wieder an Aktualität gewinne, meinte die Präsidentin von Brot für die Welt. „Lessing fasziniert damit, mit Leidenschaft und Nüchternheit Vernunft und Religion in ein spannungsvolles Verhältnis zu setzen sowie Leidenschaft und Nüchternheit in Beziehung zu setzen“, so Dagmar Pruin. Das Religion und Vernunft überhaupt zusammen gedacht werden können, diese Erkenntnis sei ihrer Wahrnehmung nach in Gesellschaft und Politik überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Und dass christliche Religion eine Ressource für Frieden und Zukunft sein kann, werden wir in der politischen Arbeit immer stärker erklären müssen“, mahnte sie.

Doch von Leidenschaft und Nüchternheit geprägt, so wie bei Jan Gildemeister, lasse sich die Zukunft der Friedensarbeit gestalten, zeigte sich die Präsidentin von Brot für die Welt überzeugt. Sie erinnerte dabei an Hannah Arendt, die in Hamburg 1959 den Lessing-Preis der Hansestadt erhielt und in ihrer Rede die Menschlichkeit in finsteren Zeiten betonte und dabei die politische Freundschaft als Grundlage der Menschlichkeit beschrieb. „Freundschaft basiert nicht auf übereinstimmenden Ansichten, sondern in der gemeinsamen Vision trotz des Anderssein, ohne die andere Person zu vereinnahmen. Freundschaft bietet einen Schutzraum des Austauschs und der Menschlichkeit“, so Dagmar Pruin.

Die AGDF habe seit Jahrzehnten eine solide Basis in der zivilen Konfliktbearbeitung. Die Präsidentin von Brot für die Welt bedauerte aber, dass die Botschaft des zivilen Friedensdienstes mehr und mehr verloren gehe. „Und diese Botschaft sagt, dass nicht erst Frieden werden muss, sondern dass auch im Krieg für den Frieden gearbeitet werden kann. Das muss wieder bewusst werden“, forderte sie nachdrücklich. Doch derzeit werde der Diskurs in Deutschland national verengt, dabei darf die Internationalität nicht aus dem Blick geraten. „Krieg ist überall in der Welt“, so Dagmar Pruin.

Genauso gehe es darum, Sicherheit nicht nur militärisch zu sehen. „Menschen dürfen nicht nur vor militärischer Bedrohung geschützt werden, auch das Wohlergehen und die Würde des Menschen sind wichtig. Sicherheit muss daher in einem umfassenden Sinn definiert werden“, verdeutlichte Dagmar Pruin. Und hier komme der Zivilgesellschaft eine große Bedeutung zu, auch wenn der Handlungsspielraum kleiner werde. „85 Prozent der Weltbevölkerung leben in Staaten, in denen die Zivilbevölkerung bedrückt wird und wo kritische Stimmen verfolgt werden“, gab sie zu bedenken.

Gerade in diesen Zeiten sei die Arbeit der AGDF und ihrer Mitgliedsorganisationen wichtig. Und dafür stehe Jan Gildemeister, fügte Dagmar Pruin hinzu. Ihm gelinge es, die Ebenen von Politik und Religion zu verbinden, geprägt von Leidenschaft für Frieden und Gerechtigkeit und doch mit der nötigen Nüchternheit. Nur so lasse sich die Zukunft der Friedensarbeit gestalten. Die Hoffnung auf den Frieden zu schüren, zu erzählen und dafür einzustehen, dass ist die wichtige Aufgabe der AGDF. „Räume eröffnen für ernsthafte Diskussionen, Begegnungen und Gespräche, wo verschiedene Positionen zusammengebracht werden können“, so die Präsidentin von Brot für die Welt.

„Es ist eine Stärke von Jan Gildemeister, genau hinzuhören, Konflikte früh zu erkennen und die Menschen ins Gespräch zu bringen“, betonte Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh, der AGDF-Vorsitzende, in Hamburg. Dabei behalte er als Geschäftsführer immer das Ganze im Blick und dabei auch seine Stärken einzubringen, unterstrich der frühere badische Landesbischof. Und Christof Starke, der stellvertretende AGDF-Vorsitzende, meinte: „Dass die AGDF in Politik, Kirche und Gesellschaft eine starke Stimme ist, das haben wir Jan Gildemeister zu verdanken.

„Eine Stärke der AGDF ist ihre Verknüpfung von vielen Arbeitsfeldern und Perspektiven. Dies geht über die Felder internationale Freiwilligendienste und Jugendbegegnungen, Zivile Konfliktbearbeitung und Friedenspolitik, Friedensbildungsarbeit und Qualifizierung in Ziviler Konfliktbearbeitung hinaus und betrifft die Arbeit in Deutschland ebenso wie - primär durch unsere Mitglieder - internationale Kooperationen“, machte Jan Gildemeister in Hamburg deutlich.

Die Arbeit sei kein Selbstzweck, sondern verfolge inhaltliche Ziele, die sich mit seinem persönlichen politischen Engagement decken und mit den Überschriften des sogenannten konziliaren Prozesses auf den Punkt gebracht würden, meinte der AGDF-Geschäftsführer: „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Dass ich diese Begriffe verwende, zeigt, dass mir die christliche Erdung der Arbeit wichtig ist.
Auch nach über 45 Jahren politischen Engagements, davon 25 Jahre hauptamtlich für die AGDF, ist es mir ein Herzensanliegen, weiter zusammen mit anderen für diese Ziele zu streiten. Trotz oder gerade wegen der immensen Herausforderungen, vor denen wir stehen.“

 

 

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